Wie alles kam oder was die meisten wohl niemals vermuten würden...

Als kleines Kind musste ich schon meiner Mutter die unterschiedlichen Kindersicherungen erklären. Später habe ich alles auseinandergeschraubt, was mir in die Quere kam. Bei den Ikea Schränken brauchte ich auch keine Anleitung. Als Schüler habe ich dann mit Modellbau meine Fertigkeiten im Schrauben vertieft. Die kleinen Dinger mit Verbrennermotor stanken zwar zum Himmel, Thomi hatte aber strahlende Augen. Bis zur 10. Klasse, die ich in einer Düsseldorfer Realschule verbrachte, verlief meine Schulkarriere auch ausgezeichnet. Hausarbeiten mussten nur die "anderen" machen. Ich habe mich immer erfolgreich als Klassenclown in die letzte Reihe gesetzt. Die Zulassung zur gymnasialen Oberstufe war die Belohnung dafür. Ab der 11. Klasse, im Konrad Adenauer Gymnasium in L´feld, klappte das durchmogeln leider nicht mehr so richtig. Ab jetzt war wirklich Leistung gefragt. Leistung haben mein Kumpel Frank Kiwitt und ich auch gebracht. Am 1.Mai 1985 haben wir den kaputten Motor meines ersten Polos ausgebaut. Damit fing alles an. Dann haben wir nach der Schule immer die Autos unserer Mitschüler repariert. In der 13 kamen dann die ersten Eltern und Lehrer mit ihren Autos, um sie bei uns (in der Garage) reparieren zu lassen. Nach der Schule ging es erstmal für 3Monate in die USA. Ein alter Schlitten wurde gekauft, der für die nächsten 20.000km durch 33 Staaten herhalten durfte. Die Bundeswehr brachte weitere Fortschritte bei der Instandsetzungskompanie. Jetzt konnte ich auch noch Panzer reparieren...Meine Ausbildung zum Kfz. Mechaniker machte ich bei Daimler Benz in Düsseldorf. Viel beibringen konnten die mir allerdings nicht mehr...

Das anschliessende Studium bei der Fachhochschule Köln war dann auch eine Qual. Wir konnten es gar nicht erwarten, dass die Vorlesung zu Ende war. Wir hatten doch Termine: Autos reparieren, Tore bauen, Baumaschinen instandsetzen usw.. Dazu hatten wir auf einem Bauernhof in Mehlbruch den ehemaligen Schweinstall in eine Werkstatt umgebaut. Was für eine schöne Zeit.

Altweiber 1993 gab es allerdings einen gewaltigen Einschnitt in mein Leben. Eine bösartige Erkrankung setzte meiner Karriere ein jähes Ende. Die Magenschmerzen, die ich seit einigen Wochen verspürte, entpuppten sich leider nicht als eine Magenschleimhautentzündung. Dr. Tönissen im Richrather Krankenhaus entdeckte einen Kindskopfgrossen Tumor zwischen Leber und Magen und überwies mich direkt in die Düsseldorfer Uniklinik. (Vielen Dank nochmals Dottere). Nach mehreren KernSpinsitzungen und freundlichen Biopsien (=ich mach das mal ohne Betäubung) kam die Diagnose: Burkitt-Lymphom = KREBS. Mit 26 Jahren. Mein Leben war zu Ende. In den nächsten 3 Wochen bekam ich eine maximal Dosis Chemotherapie. Das beste was es 1993 gab. Der Tumor schmolz wie Butter in der Sonne dahin, die Haare allerdings blieben morgens einfach im Bett liegen. Das allerschlimmste war überwunden. Die nächsten 12 Wochen bestanden aus eine Woche Chemo, eine Woche zur Erholung nach Hause. Meine Mitpatienten haben mich gehasst. Während sie Ruhe haben wollten, tobte bei mir der Bär. Mindestens 2-6 Besucher pro Tag schleuste ich durch mein Zimmer. Ich dachte im Traum nicht daran einfach abzudanken. Im Mai 1993 war ich eigentlich geheilt. Doch die Ärzte rieten mir dringend zu einer Knochenmarkstransplantation, aufgrund der hohen Rezidiv Gefahr des malignen Lymphoms. Puh -was tun? Die Überlebenschancen bei einer Knochenmarkstransplantation lagen bei nur 50%. Und das war noch geschönt. Ich wagte es trotzdem. Meine Schwester Margit hatte das passende Knochenmark. Anfang Juni kam ich in eine (von 5)  keimfreie Zelle der KMT Station.  Eine mega fette Chemotherapie + Bestrahlung zersetzten mein Knochenmark. Die Leukozyten schwanden. Dann bekam ich das Knochenmark, welches meiner Schwester aus dem Beckenkamm entfernt wurde, einfach als Blutspende. Wie unspektakulär. Mir ging es 3Wochen  verdammt dreckig. Die Schleimhäute waren kaputt. Trotzdem musste ich dutzende Tabletten schlucken.  Ende Juni kamen die ersten neuen Leukos. Juchuh, das Knochenmark funktionierte im neuen Körper. Zum Wimbledon Endspiel (Sempres vs. Courier) am 4. Juli konnte ich endlich die (keimfreie) Zelle verlassen. Wochen später kamen die Haare zurück, der Körper erholte sich von den Strapazen und mein neues Leben begann. Ich meldete mich auf der Meister Schule in Düsseldorf an. Das gehasste Studium beendete ich ( im Nachhinein Erfolgreich ;-)). Zusammen mit meinem Kompanion Kiwitt machten wir uns selbständig und betrieben eine kleine Werkstatt im Bauernhof. Das ganze artete als Geheimtipp für Menschen mit kaputten Autos aus. Wir platzen aus allen Nähten mit unseren 80m² und nur einer Grube. Nach vielen Stunden Diskussionen und 12 Jahren in der Werkstatt stand es fest wie gemeisselt. Wir werden uns trennen. Ich bezog mein neues Domizil in der Hans-Böckler Strasse. "Die Werkstatt" - zunächst nur in einem kleinem Teil der hinteren Halle. Mit sehr wenig Geld aber mit viel Hoffnung und Erwartung ging es los. Im Oktober 96 war die Einweihung mit den Blues Brothern und einer schönen Party.  Im Heizraum stand eine kleine Küche mit Tisch um die Probleme an den Fahrzeugen zu besprechen. Den Kunden gefiel die persönliche Atmosphäre und das Geschäft nahm seinen Anfang. Die ersten Jahre waren wahrlich kein Zuckerschlecken .Durchhaltewille und Zuversicht in die Zukunft mussten oftmals rangenommen werden. Gefeiert wurde trotzdem immer zum Jahresende. X-mas Partys wurden geboren. (Siehe Fotos). Das Internet boomte und auch ich brauchte eine Domain. "Die-Werkstatt.de" hatte längst schon so ein frühaufsteher. Was tun? Dann sind wir einfach "die-freundliche-Werkstatt.de". Kein schlechter Schachzug. Anfang 2001 florierte mein Laden und die "Leuchtenhalle" im vorderen Teil der Halle schwächelte. So wurde ich vom Vermieter gefragt, ob ich die 500m² auch noch mitmieten möchte. Puh, um mehr als das doppelte Vergrößern ? Mehrere schlaflose Nächte später unterschrieb ich den neuen Mietvertrag. Den Mutigen gehört die Welt...

Am 11. September 2001 schnitten wir das Tor in die vordere Halle. Was für ein denkwürdiger Tag. 1988 hatte ich noch oben auf den Twin Towers gestanden.  Natürlich wurde auch der neue Teil mit einer dicken X-mas Party zum Jahresende eingeweiht. 2003 gab es wieder eine Neuerung. Eine Bürokaufrau für den elenden Papierkram musste gesucht werden. Warum lange suchen. Ich Frage einfach das junge Mädchen, die immer Dienstags die Wochenpost in den Briefkasten legt. Gesagt - getan. Im August 2003 fing Sabrina mit der Ausbildung bei mir an. Mittlererweile hat sie sich in der Abendschule zur Betriebswirtin entwickelt. Seit 2010 ist sie Prokuristin in der freundlichen Werkstatt. Mal sehen was da noch alles kommt. ;-)

So jetzt habe ich gaaaanz viel von mir Preisgegeben. Ich möchte damit auch anderen Betroffenen helfen, die sich auch in einer vermeintlich aussichtslosen Lage befinden. Es geht immer weiter. Geniesst das Leben und nutze jeden Tag.

Euer Thomas

p.s.: Seit 2006 bin ich "Langzeitüberlebender" und die Uniklinik ruft jetzt nicht mehr an, um sich nach mir zu erkundigen.